Drei deutsche Ingenieure präsentieren ihr Vorhaben vor amerikanischen Investoren im Rahmen eines Accelerator-Programms im Silicon Valley. Sie dozieren über technische Details, erklären ausgiebig die Funktionsweise – und ernten dafür ein: „You are Germans. We know it’s working. But who’s going to buy it?“ Klar, Deutschland ist nicht Amerika und Amerika ist auch nicht Deutschland. Aber was diese kleine Anekdote zeigt: Wer angepitcht wird – egal wo auf der Welt – will sich nicht langweilen, weil er mit Informationen traktiert wird, die er oder sein Investorengeldbeutel nicht verstehen.
Ein Pitch Deck ist kompakt – und genau das macht richtig Arbeit
Also muss ein Pitch Deck her, das sich jederzeit und überall sehen lassen kann. Es umfasst gewöhnlich an die 10 bis 15 Präsentationsfolien und ersetzt zunächst den klassischen Businessplan. Und jetzt die schlechte Nachricht: Wer glaubt, dass 10 Folien schneller erstellt sind als 50 Seiten Bleiwüste, wird schnell eines Besseren belehrt. Ein Vorhaben kurz, prägnant, überzeugend, umfassend und auch noch optisch ansprechend auf wenigen Folien darzulegen, ist gar nicht einfach. Überdies darf man nicht vergessen, dass ein Pitch auch eine Tonspur braucht, also die eigentliche Präsentation, die den Charts Leben einhaucht. Spätestens bei der Ausarbeitung des Sprechertextes – auch für die Antworten für die Q&A-Session nach dem Pitch – wird schnell klar, dass man eigentlich doch eine Art Businessplan schreibt.
Consider the audience
Grundsätzlich gilt bei allen Shows, also auch bei der Präsentation eines Startups, die alte Regel: Consider the audience. Für den kleinen, drei- bis fünfminütigen Pitch zwischendurch, zum Beispiel bei Wettbewerben im studentischen Umfeld, eher informellen Demo Days oder bei Netzwerkveranstaltungen ohne Investoren im Publikum, kann man sich am Storytelling Canvas orientieren, den das HdM Startup Center speziell für diese Belange konzipiert hat. Wie er aussieht und funktioniert, erfahrt ihr hier (Achtung: Englisch!). Das Publikum bei solchen Veranstaltungen ist um einiges entspannter und weiß auch ein gewisses Maß an Anarchie zu schätzen, wenn es um die theatralische Untermalung der Präsentation geht.
Komplett humorbefreit darf auch ein Pitch vor Investoren nicht sein, aber sollte man hier auf Kostümierungen, Gesangseinlagen und pyrotechnische Effekte – damit sind auch rhetorische Nebelkerzen gemeint – verzichten. Ebenso sollte das Pitch Deck sowohl optisch als auch inhaltlich gekonnt auf dem schmalen Grat zwischen Coolness und Seriosität wandeln. Der typische Aufbau sieht wie folgt aus:
- Deckblatt: Name/Logo des Startups, Anlass der Präsentation, Datum.
- Problem: Welches Problem hat euer Kunde respektive sein Kunde? Wie habt ihr überprüft und validiert, ob es sich um ein tatsächliches Problem handelt?
- Lösung: Wie sieht eure – natürlich optimale – Lösung für das zuvor beschriebene Problem aus? Beschreibt sie in einem Satz! Wie verbessert sich das Leben eures Kunden durch den Kauf beziehungsweise die Nutzung eurer Lösung? Warum ist jetzt die richtige Zeit für eure Lösung? Liefert Anwendungsbeispiele.
- Produkt/Dienstleistung: Hier könnt ihr detaillierter (aber nicht zu detailliert) auf die wichtigsten Funktionen eingehen und mit eurem Prototypen oder einer Demoversion punkten.
- Alleinstellungsmerkmal & Wertversprechen: Was macht eure Idee einzigartig? Was ist der Mehrwert für Kunden? Wie groß ist euer Vorsprung vor der Konkurrenz?
- Markt: Wer und wo ist eure Zielgruppe? Wie groß ist der Markt und wie groß ist euer Anteil daran? Liefert seriöse Zahlen aus anerkannten Marktstudien oder einer eigenen aber empirisch wasserdichten Marktforschung. Skizziert auch eure Markteintrittsstrategie.
- Wettbewerb: Wer ist bereits mit einem ähnlichen Unternehmen am Start oder könnte es bald sein? Listet eure wichtigsten Wettbewerber und die signifikanten Unterscheidungsmerkmale zu eurem Startup auf.
- Geschäftsmodell: Wie verdient ihr mit eurem Startup Geld? Wie und wann wird welcher Umsatz generiert? Wie auch bei der Beschreibung eurer Lösung ist auch hier eine kurze aber präzise Beschreibung gefragt. Konzentriert euch also auf die wichtigsten Umsatzträger.
- Team: Wer seid ihr, warum macht ihr das, wer ist wofür zuständig und wieso seid ihr die Einzigen, die dieses Vorhaben umsetzen können? Wenn ihr in der Startup-Szene bereits einen guten (!) Ruf genießt, darf diese Folie auch gerne bereits zu Beginn präsentiert werden.
- Proof of concept: Könnt ihr bereit erste Umsätze, eine bedeutsame Anzahl an Usern, Pilotkunden oder andere erste Erfolge, vielleicht auch Patente vorweisen? Wenn ja, dann könnt ihr damit auch zögerliche Kapitalgeber beruhigen.
- Finanzierungsbedarf: Wofür braucht ihr wie viel Geld und was wollt ihr damit erreichen? Und wie sieht es mit den Perspektiven für euren Investor aus? Plant nicht zu konservativ! Neben den Klassikern Gewinn- und Verlustrechnung, Umsatz- und Rentabilitätsvorschau sowie Kapital- und Finanzierungsplan solltet ihr auch – auf Nachfrage – Infos zu Burn Rate, Runway und Cap Tables liefern können. Überlegt euch aber gut, ob ihr während des Pitches das Fass „Unternehmenswert“ öffnen wollt und ihr in der anschließenden Diskussion bestehen könnt.
- Mission Statement & Kontakt: Wer seinen Pitch mit „vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit“ beendet, wird auch nicht mehr als die soeben gewidmete Aufmerksamkeit bekommen. Wiederholt stattdessen hier noch einmal euer Angebot an den Investor und führt eure wichtigsten Kontaktdaten auf.
Rund 10, in seltenen Fällen aber auch bis zu 20 Minuten kann so ein Investoren-Pitch dauern, die Zeit für die anschließende Q&A-Session nicht mitgerechnet. Hier sollte man unter anderem auf Nachfragen bezüglich der Gesellschafterstruktur, der längerfristigen Perspektiven, der Exit-Szenarien, der Technologie, zuvor genannter KPIs, der bereits genannten Cap Table oder des Wettbewerbs gefasst sein. Deshalb empfiehlt es sich, für diese Themen Bonusmaterial im Pitch Deck parat zu haben, das auf Nachfrage nach dem offiziellen Teil gezeigt werden kann.

So oder so empfiehlt es sich, nicht mit der Minimalausrüstung ins Rennen zu gehen. Einen Deal werdet ihr in den meisten Fällen ohnehin nicht gleich nach der Präsentation machen. Also kann es gut sein, dass einer der anwesenden Investoren im Anschluss um Zusendung des Pitch Decks bittet. Allerdings wird er mit der von euch gezeigten Version wenig anfangen können, weil sie nun mal nicht überfrachtet sein darf, daher wenig textlastig und somit ohne Präsentator sehr erklärungsbedürftig ist.
Investment Deck als De-Luxe-Version des Pitch Decks
Also muss ein Investment Deck, sozusagen die De-Luxe-Version des Pitch Decks her, das der potenzielle Kapitalgeber auch beim alleinigen Durchlesen versteht und das trotzdem kompakter als ein Businessplan ist. Es beinhaltet die Erklärungen und Formulierungen aus der Präsentations-Performance, die oben erwähnten Bonus- respektive Backup-Folien und kann inklusive zusätzlicher, vertiefender Charts und Darstellungen an die 30 bis 35 Folien erreichen.

Was kommt zuerst: Pitch oder Investment Deck? Natürlich das Investment Deck. Es fällt deutlich leichter, die Essenz aus einem ausführlichen Folienset zu ziehen als eine Minimalversion zu erweitern. Außerdem müsst ihr ohnehin – wie zu Beginn des Artikels erwähnt – den Präsentationstext verfassen. Hier empfiehlt es sich, nicht komplette Sätze aufzuschreiben, die nur sehr talentierte Präsentatoren so lässig darbieten können, als wären sie nicht auswendig gelernt. Beschränkt euch lieber auf Stichpunkte oder Satzfragmente, die ihr auch ins Investment Pitch integrieren könnt. Lange Textzeilen oder gar komplette Absätze haben hier nämlich nichts zu suchen.
Lasst bei der Gestaltung am besten Profis ran
Der Lesbarkeit zuträglich ist natürlich auch die Wahl geeigneter Farben, Schriftarten und Schriftgrößen. Im Netz gibt es zuhauf Tools und Vorlagen für Pitch Decks jeder Couleur, die bisweilen auch ganz professionell aussehen. Aber dem Startup aus dem Orbit der Hochschule der Medien müssen wir wohl nicht sagen, dass ein individuell gestaltetes Deck, dass auch auf das Logo des Startups abgestimmt ist, einen stimmigeren Eindruck hinterlässt.
Üben, üben, üben!
Apropos Eindruck hinterlassen: Wie ihr eindrucksvoll aber prägnant, selbstbewusst aber nicht selbstbeweihräuchernd, überzeugend aber nicht marktschreierisch präsentiert, das könnt ihr in den Seminaren des Generator HdM Startup Centers lernen.