Nicht nur im Marketing kommt es auf den passenden Mix an. Auch bei der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ist die richtige Mischung entscheidend. PESO heißt das Modell, mit der man die Medienplanung strukturiert angeht. Und sich damit richtig viel Arbeit erspart.

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Quelle: Shutterstock / Mauro Carli

Die erste Pressemitteilung ist fertig. Ein Meisterwerk, das x-mal überarbeitet wurde. Alle Redaktionen von Flensburg bis Garmisch werden mit ihr beglückt, gleichzeitig und über sämtliche Kanäle. Stolz ist man auf den gigantischen Verteiler, der in nächtelanger Arbeit recherchiert, teuer als Datenbank erkauft oder von einem befreundeten Startup übernommen wurde. Genauso gigantisch wie die Adressliste ist dann die Enttäuschung, wenn trotz größter PR-Anstrengung keine Veröffentlichung zu verzeichnen ist. Oder – und das ist auch nicht besser – es bricht Panik los, weil plötzlich Dutzende von Presseanfragen herein flattern, die man mit der überschaubaren Manpower eines Startups nicht bearbeiten kann. Das war‘s dann mit dem Pressekontakt, wenn er erst nach Redaktionsschluss eine Antwort erhält.

Erst der Verteiler, dann die Pressemitteilung

Welche Fehler wurden gemacht? Fast alle. Angefangen beim Verfassen der Pressemitteilung ohne zuvor festgelegten Presseverteiler. Nur mit ihm als Basis lassen sich Texte respektive Textmodule zielgerichtet verfassen und – je nach angeschriebener Redaktion – die jeweils adäquaten Aspekte herausarbeiten. Wird die lokale Tageszeitung mit einer Pressemitteilung bedacht, liegt es nahe, etwa die regionale Bedeutung des Unternehmens stärker zu betonen, während auf Fachjargon oder eine umfassende Erläuterung technologischer Details verzichtet wird. Das hebt man sich besser für Fachmedien auf.

Ebenso weit verbreitet wie das Verfassen nicht zielgruppengerechter Pressemitteilungen, ist der Irrglaube, dass es bei einem Presseverteiler in erster Linie auf die Masse ankommt – ohne darauf zu achten, ob das jeweilige Medium überhaupt passt. Und nicht vergessen: Jeder Redakteur möchte persönlich angeschrieben werden. Wer seine Mitteilung als unpersonalisierte Massenmail per Gießkannenprinzip verteilt, minimiert die Chancen auf Veröffentlichung beträchtlich. Ein kleiner aber feiner Verteiler ist beherrschbar und im besten Fall voller Journalisten, zu denen ihr sogar einen persönlichen Kontakt pflegt. Pressearbeit ist nämlich mehr als der Versand wohlklingender Mitteilungen. Pressearbeit ist vor allem Networking.

Medien lauern überall

Doch wie wird ein Netzwerk aufgebaut? Zunächst gilt es, die Zielmedien zu bestimmen. Gut, da gäbe es die Tageszeitungen, Anzeigenblätter, Kunden-, Publikums- und Fachzeitschriften, Radio und TV, Nachrichtenagenturen und – besonders dankbar, weil immer auf der Jagd nach der nächsten Story und dem nächsten Honorar – die freien Journalisten. Jemanden vergessen? In den vergangenen 20 Jahren durchlebte die PR-Arbeit zwei Revolutionen. Nummer Eins: Klar, das Internet als solches. Nummer zwei: Soziale Netzwerke. In Zeiten, in denen alle etwas mit und auch selber Medien machen – nämlich Social Media – ist die Zielmedienbestimmung nicht einfacher geworden.

PESO macht den richtigen Medienmix

Jetzt kommt das PESO-Modell ins Spiel. Es ließ bereits Ende des 2000er aufhorchen, ist also nicht brandneu aber immer noch viel zu selten im Einsatz. PESO steht für Paid, Earned, Shared und Owned Media und basiert auf dem POE-Mediaplanungsmodell, dem das Marktforschungsunternehmen Forrester Research einst zu Ruhm verholfen hat.

PESOIn der Paid Media lässt sich gegen Bezahlung Werbung schalten. Das sind im Wesentlichen die klassischen Printanzeigen, Radio- und TV-Spots, Banner-Werbung und natürlich die Nutzung kommerzieller Werbemöglichkeiten in den sozialen Medien.

Die Berücksichtigung in den Earned Media muss man sich verdienen, etwa durch gekonntes Netzwerken mit Redaktionen. Ein Artikel, ein Live-Interview im Radio, eine Kurzmeldung – alles, was den Kern der PR-Arbeit ausmacht und einen sehr attraktiven Anzeigenäquivalenzwert bietet.

Shared Media respektive Social Media, ist das S, das aus dem POE- ein PESO-Modell gemacht hat. Ein richtig großes S, an dem man nicht vorbei kommt, sei es mit eigenem Content, mit Anzeigen und bei der Netzwerkpflege.

Die Owned Media umfassen alle eigenen Medien, zum Beispiel die Unternehmenswebsite, selbst verfasste Blogs, Broschüren, die selbst bespielten Kanäle in sozialen Medien oder – bei den richtig großen Playern – die Kundenzeitschrift.

Auf die Schnittmengen kommt es an

So weit, so bekannt. Richtig Musik ist aber in den Schnittmengen zwischen Paid, Earned, Shared und Owned Media. Besonders interessant ist jene zwischen Earned und Shared Media. Hier tummeln sich die Meinungsbildner, also etwa die Journalisten, die privat auf ihrem Facebook- oder Twitteraccount unterwegs sind und – sorry, liebe Edelfedern – auch mal ganz subjektiv euer Produkt toll finden können.

In den meisten PESO-Modellen außer Acht gelassen wird die Schnittmenge zwischen Paid und Earned Media. Dabei dürfte es auf der Hand liegen – nochmals sorry, liebe Redaktionen – dass die Schaltung einer Anzeige eine Berichterstattung motivieren kann.

Der direkte Dialog zwischen Unternehmen und Kunden findet an der Schnittstelle zwischen Owned und Shared Media statt, etwa in Service Communities. Also nicht vergessen: Auch der Content, der eigentlich nicht für die Öffentlichkeit gedacht ist, landet da genauso schnell wie er erzeugt wurde.

Zwischen Paid und Owned Media tummelt sich der Promoted Content, etwa in Form von Rich Media Anzeigen oder Google Adwords.

Wozu also die alleinige Konzentration auf einen gigantische Presseverteiler, wenn PR so viel mehr ist als das Lancieren einer Pressemitteilung? Warum wird überhaupt eine Veröffentlichung angestrebt? Um indirekt Kunden zu erreichen, die bekanntermaßen genauso Meinungsbildner sind und Medien machen. Umso wichtiger ist es, genau zu definieren, wer die Zielgruppe ist und auf welchen medialen Kanälen sie unterwegs ist. Fakt ist, dass gerade Startups bei ihrer PR-Arbeit die Kosten-Nutzen-Ratio im Auge behalten müssen. Es geht nicht darum, möglichst viel PR-Wirbel zu verursachen. Es geht darum, das Richtige zu tun.